Von Hansjörg Hörseljau
Clausthal-Zellerfeld. „Jeder Kleine, der verschwindet, nimmt uns ein Stück Lebensqualität.“ Das sagt Olaf Wentzel, Inhaber der gleichnamigen Glaserei an der Osteröder Straße. „Früher war die Straße belebter, da gab es zum Beispiel noch die Bäckerei Piepenschneider und den Schuhmacher Humm.“ Heute ist die Glaserei mit dem von Ehefrau Gabriele Wentzel betriebenen Ladengeschäft „Die kleine Holzecke“ das letzte Fachgeschäft auf der Osteröder Straße.
Betrieb ist gut aufgestellt
Von ihrem Vorgänger Walter Lampe hat Rathaus-Chefin Britta Schweigel die Gepflogenheit übernommen, Betriebe der Stadt zu besuchen, auch um deren Sorgen und Nöte kennenzulernen. Eine Station war jetzt die Glaserei Wentzel. Bei einem Rundgang erfuhr sie, wie vielfältig der Betrieb aufgestellt ist. Das Hauptgeschäft ist alles, was mit Glasreparaturen zu tun hat. Dazu zählen Reparaturen von Fenstern, Schaufenstern, Türen, Schränken und Möbeln ganz allgemein. Ebenso künstlerische Verglasungen, beispielweise hat die Firma alle Fenster mit historischer Bleiverglasung der Marktkirche ersetzt. Eine weitere Besonderheit sind Sandstrahldekore auf Glas und maßgeschneiderte Spiegel.
Darüber hinaus sind Bildeinrahmungen eine Spezialität von Olaf Wentzel. Er hat eine große Anzahl verschiedener Glasleistendekore vorrätig, die zu fast jedem beliebigen Rahmenformat zusammengesetzt werden können. 2010 ist der Betrieb an Ort und Stelle durch ein neues Glaslager erweitert worden. Die bis zu 150 Kilogramm schweren Scheiben können dort mit einem „Hubfix“ oder einer Saugbatterie auf den Zuschneidetisch gehoben werden.
Die Glaserei ist ein Familienunternehmen in der dritten Generation. Gegründet wurde es 1946 von Franz Wentzel. Der heute 70-jährige Jochen Wentzel übernahm es 1977 und baute es aus. Geleitet wird der Betrieb seit 2015 von Sohn Olaf.
Im Betrieb arbeitet neben zwei Gesellen bereits dessen Sohn Philip, der vor Kurzem seine Ausbildung als Innungsbester abgeschlossen hat. Derzeit befindet er sich mit einem Stipendium auf der Staatlichen Glaserfachschule im hessischen Hadamer, um seine Meisterprüfung zu absolvieren. „Der fehlt uns und wir sind froh, wenn er wieder da ist“, sagt Olaf Wentzel. „Wir sind gut ausgelastet.“
Stadt als Vermittler
Britta Schweigel sagt, dass die Stadt gerne alle Arten von Aktivitäten unterstütze. Die Kommune sei allerdings in ihren Möglichkeiten sehr begrenzt, Fördermittel seien über die Wirego (Wirtschaftsregion Goslar) möglich. Die Bergstadt sei da Mitglied und stelle auf Wunsch die Verbindung her. „Viele Förderprogramme sind zwar mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze verbunden, aber es gibt auch Seitenprogramme.“
Gabriele Wentzel betreibt ein gut sortiertes Straßengeschäft mit Holzspielzeug, Goebelner Porzellan, Dekoartikeln, Schwibbögen aus dem Erzgebirge, Bilderrahmen und mehr. „So mancher Kunde ist erstaunt, dass es so etwas in Clausthal gibt.“ Sie wünscht sich, dass nicht nur Kunden von außerhalb oder aus dem Rehazentrum Oberharz kommen, sondern dass auch die Einheimischen einfach mal vorbeischauen. Das Gute sei manchmal ganz nah...
Artikel erschienen in der Ausgabe der Goslarschen Zeitung vom 21.06.2017